Lago di Caldero und zurück

Was gibt es schöneres als mit dem Oldtimer zu verreisen? Hier dürft Ihr eure Er-FAHR-ungen schildern
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MKIII
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Lago di Caldero und zurück

Beitrag von MKIII »

Kalte Anfahrt, warmer See und heißes Relais.
Sommer 2013, die Renovierung eines alten Hauses und die kurzfristige Verschiebung des Ballinotermins machten es uns unmöglich im Frühjahr wie gewohnt einen Kurzurlaub jenseits der Alpen zu genießen. Also beschlossen wir irgendwann im Spätsommer/Herbst einen Besuch in Südtirol zu planen. Da Silvia ja schon immer mal nach Kaltern wollte haben wir mal ganz unverbindlich nach einer netten Unterkunft Ausschau gehalten. Ganz in der Nähe von Kaltern, nicht weit vom See entfernt gab es noch Zimmer in einem neu erbauten Hotel, zwar nicht billig, aber durchaus mal was zum wohl fühlen.

Also schnell ein E-Mail mit den gewünschten Terminen abgeschickt und siehe da, es klappt, also wurde gleich fest gebucht.

Da wir Sonntags erst fahren wollen, fällt mir grad noch ein das doch in der Schweiz ein großes eintägiges Engländertreffen ist, ja tatsächlich, British Car Meeting, das wäre an dem Sonntag. Das Wetter war den ganzen Sommer schon richtig Cabrio würdig, je näher unser Reisetermin aber rückte umso schlechter wurden die Prognosen. Der Samstag war noch richtig gut, warum sind wir da nicht gefahren?

Sonntag morgens, 6Uhr, die Frisur sitzt, es ist noch trocken, also werden wir erst mal offen losfahren. Bis Karlsruhe wollen wir uns dann entscheiden, links ab die A8 bis Füssen oder aber doch gerade aus über Basel nach Mollis. Kalt war es nicht sehr, also Silvia fand es schon etwas kühl, aber doch nicht kalt und trocken blieb es auch und die Wolken wurden schon etwas heller, manchmal lugte sogar etwas blauer Himmel hervor, ja also wird sind direkt durchgefahren bis Mollis, ohne Regen. Dort angekommen wurden wir gleich vom Dani zwischen andere schon geparkte Spitis eingewunken. Mit einem Stück schweizer Schokolade gestärkt schauten wir uns die dieses Jahr doch sehr überschaubare Anzahl von Oldtimern an. Kurz vor unsere Ankunft hatte es doch sehr heftig geregnet und es kamen wesentlich weniger als in den vergangenen Jahren. Aber die Qualität und Modellvielfalt war es schon Wert diesen kleinen Umweg gemacht zu haben.

Gegen Mittag machten wir uns dann auf nach Südtirol. Der Plan war in 18min mit der Bahn durch den Vereina-Tunnel ins Engadin zu fahren und dort nach einem kleinen Nickerchen anzukommen, na ja, erst mal mussten wir auf den Zug warten um dann 18min bei Höllenlärm und tierischer Zugluft durch den Berg gerattert zu werden, Nein Danke, das nächste mal fahren wir doch wieder über die Berge. Im Engadin sollte die Fahrt dann über den Ofenpass ins Etschtal weitergehen aber irgendwie standen wir plötzlich vor dem Reschenpass? Bis hierher verlief auch alles unspektakulär, es wurde langsam wärmer, d.h. es war nicht mehr so kalt bzw. Silvia fand es jetzt angenehmer als noch am Morgen, ich zog mir dann schon mal eine Jacke aus. Der Spit lief völlig ruhig…..völlig ruhig? Na ja, da waren schon einige Zündaussetzer und patscher in die Vergaser, schön ist was anderes. Aber die Reststrecke war ja überschaubar, lass uns erst mal ankommen dann sehen wir weiter.

Unsere Unterkunft hatten wir wirklich nicht besser aussuchen können, das Zimmer alles vom feinsten, sogar einen eigenen Weinstock und frisches fliesendes Quellwasser und für unseren kleinen einen schönen Platz in der Tiefgarage, direkt zwischen 2 Säulen, wo sonst nie einer Parkt, weil halt zu eng! Die Fehlzündungen haben sich sicher bis morgen wieder „repariert“.

Die nächsten Tage füllten wir mit Wanderungen in der näheren Umgebung aus, entweder nach Kaltern oder zu den Eislöchern oder Rastenbachklamm oder mal um den Kalterer See mit Abstecher zur Leuchtenburg oder auch mal baden im mind. 22° warmen See.

Die Fehlzündungen haben sich …………. Die sind natürlich noch da, ob kalt oder warm, es wird nicht besser eher schlechter, mal kurz auf einem Parkplatz angehalten und an den Vergasern gedreht, hat sich was verstellt? Nein, daran liegt es wohl nicht. Abends dann, in der Garage dachte ich mir schau doch mal wie die Kerzen aussehen……………….Tja, so ein Wartungsstau macht sich halt irgendwann bemerkbar, nach dem die Kerzen gereinigt waren lief wieder alles perfekt, jetzt konnte ja nichts mehr schiefgehen und eine Fahrt zur Seiser Alm war für den nächsten Tag schon geplant.

Kurz hinter Bozen gings dann auch schon rechts hoch, immer steiler und kurviger, leider Endet die Straße dann etliche hundert Meter unterhalb der Alp für uns da die weiterfahrt nur für Anwohner und Hotelgäste freigegeben ist. Hier mussten wir Parken und mit dem Bus weiterfahren. Oben dann konnten wir die Aussicht genießen und uns durch wandern oder Seilbahn fortbewegen. Zum Kaffee gab es dann ein schönes Stück Sachertorte oder Käsekuchen, herrlich und nur Sonne pur.

Den Abend haben wir dann wieder mit einem 3 Gängemenue und einer Flasche Rotwein ausklingen lassen.

So vergingen die Tage doch schneller als gedacht, durch unsere Wanderungen fanden wir dann auch den einen oder anderen schmalen Weg nach Kaltern der auch für den KFZ Verkehr freigegeben war!!! und am vorletzten Tag beschlossen wir den Weg durch die Wingerte und Apfelplantagen auch mal mit dem Spiti zu machen.

Schon gleich nach dem losfahren bemerkten wir einen merkwürdigen Geruch, so wie eine verbrannte Kupplung. Da wir aber zügig wie schon immer den Berg hochzogen konnte es unmöglich die Kupplung sein, da würde der Motor nicht so ziehen. Auch die Handbremse war nicht angezogen. Meine Vermutung war das da einer was verbrennt und der Geruch wohl gleich nachlassen wird. Aber denkste, auch nach ein paar Hundert Meter und etlichen Kurven immer noch dieser Gestank. Jetzt war etwas Platz am Wegesrand, also anhalten und doch mal schauen. Im Leerlauf nichts verdächtiges, Motor aus, alles ruhig. Also Motorhaube auf und schon kam auch der gefürchtete Kabelrauch aus dem Bereich Stirnwand, kleine Flämmchen am Starterrelais erhöhten den Pulsschlag und sogleich stellte der Körper um auf erhöhte Adrenalinproduktion. Von beiden Seiten begannen wir den Kampf gegen die Flammen, Silvia von rechts ich von Links, schnell waren die Flammen gelöscht aber genauso schnell flammten sie wieder auf. Später stellte sich heraus das im Anlasserrelais ein Kurzschluss war und die Isolierstecker der Kabel sich durch das glühende Relais entzündeten. Da das ausblasen der Flammen nicht funktionierte wollte ich diese mit einem Lappen ersticken. Also schnell zum Kofferraum gerannt, die Werkzeugtasche geöffnet und mit einem Lappen wieder nach vorn, zunächst hatte ich durchaus etwas Erfolg, aber durch das drücken habe ich den Kontaktstift ins Relais gedrückt und plötzlich fing der Starter mit seiner Arbeit an. Zum Glück hatte ich diesmal keinen Gang eingelegt sonst würde der Spiti nun unaufhaltsam in den Wingert rollen!! Jetzt konnte nur noch das Abklemmen der Batterie weiteren Schaden verhindern. Den Weg zum Kofferraum kannte ich ja schon und mit wenigen Handgriffen fand ich auch einen 13er Schlüssel, grad wollte ich diesen an den Batteriepol ansetzen (der Starter arbeitete immer noch) sehe ich das ich für die Polschraube einen 10er Schlüssel benötige…………..der Weg zum Kofferraum ist mittlerweile mit allerhand Werkzeug und anderen Utensilien markiert, ich fliege förmlich von Motorraum zu Kofferraum, aber auch der 10er ist gleich gefunden und endlich sind Starter, Flammen, Herz-rasen und alle Aufregung wieder am abklingen.

OK, Silvia kann erst mal nicht weiterhelfen, ich beschließe das Relais auszubauen um mir mal einen Überblick zu verschaffen. Von unten sieht man dann ein richtig großes Loch, das Relais ist auch mit einer Profiausstattung nicht mehr zu retten und schon gar nicht mit Bordmitteln.

Also was nun, 2 Tage haben wir noch, das reicht auch nicht um auf Ersatz zu warten! Das Relais brauch ich ja nur zum Starten und das geht auch anders. Ich isoliere also erst mal die Steuerleitung vom Zündschloss, das Kabel vom Starter lass ich auch liegen wie es ist, alle anderen Kabel verbinde ich mit einer passenden Schraube und Flügelmutter und umwickle das ganze mit Isolierband. Eine kleine Stelle (die natürlich nicht an Masse kommen darf) las ich offen, dort halte ich das Kabel vom Starter dran und………………….. er läuft. Weiter geht’s nach Kaltern, die nächsten Parkplätze werden nach abschüssiger Lage ausgesucht, oder es muss halt wieder die Haube auf und mit überbrücken gestartet werden. Meine einzige Sorge gilt der Heimfahrt, wenn wir in Innsbruck auf eine belebten Kreuzung stehen oder der Motor irgendwo im Stau ausgehen sollte!

Aber natürlich ist unser Spiti sehr zuverlässig und alles ging gut, durch Innsbruck ohne Problem und auch der Rest der Strecke war abgesehen von einer Wespe dich mich während einer Rast in den Oberschenkel stach völlig unspektakulär.

Montags drauf hab ich mir gleich in Belgien ein gebrauchtes Starterrelais (die neuen haben keinen manuellen Knopf mehr) bestellt und auch dieses kleine Malheur gehört der Vergangenheit an.
Gruß
Norbert
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spiti78
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Re: Lago di Caldero und zurück

Beitrag von spiti78 »

Hallo Norbert,
toller Reisebericht, macht Lust auf mehr. Ich kann mir richtig vorstellen wir du zwischen Motorraum und Kofferraum hin und her gesprintet bist.
Da ich es nicht so mit der Elektrik habe, wäre bei mir die Reise mit dem verschmorten Relais an diesem Punkt zu Ende und der ADAC hätte für die Rückreise sorgen müssen. Ich glaube ich bestelle mir jetzt auch einen Batteriehauptschalter.
Gruß Andreas
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Ruediger
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Re: Lago di Caldero und zurück

Beitrag von Ruediger »

Wer mit nem Spiti ne Reise tut, der kann was erzählen.
Toll erzählt, konnte mir Bildlich vorstellen, wie du hin und hergerannt bist und Silvia vermutlich wild wedelnd die Arme schwang. :lol:
Lieber "oben ohne" :lol:
Triumph Spitfire 1500 von 1979
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Mangouman
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Re: Lago di Caldero und zurück

Beitrag von Mangouman »

Für nicht stressfeste Beifahrer/in empfiehlt sich, immer einen Blister Valium mitzuführen,
wenn längere Reisen mit Oldtimern unternommen werden. :wink:

Habe aber bei anderen Gelegenheiten erlebt, dass bei Defekt eher der Fahrer zum
hyperventilieren neigte, während die Beifahrerin die Ruhe selbst war.

Es kommt, wies kommt...
<> Königlich Bayerisch <>
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marc
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Re: Lago di Caldero und zurück

Beitrag von marc »

Mangouman hat geschrieben: 25. Jan 2019, 12:14 Habe aber bei anderen Gelegenheiten erlebt, dass bei Defekt eher der Fahrer zum
hyperventilieren neigte, während die Beifahrerin die Ruhe selbst war.
Es kommt, wies kommt...
Ja, fehlendes technisches Verständnis für die Tücken und Gefahren der Technik beruhigt... :-vh
Viele Grüße
Marc

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Armin_P
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Re: Lago di Caldero und zurück

Beitrag von Armin_P »

Hallo Norbert!

Das ist ein sehr schöner und auch humorvoller Reisebericht, ich habe mich beim Lesen sehr amüsiert und freue mich schon auf die nächsten Erzählungen. :D
Reisen mit dem Spiti ist wirklich etwas Einmaliges.

Das mit dem erhöhten Adrenalinausstoß konnte ich sehr gut nachvollziehen, mir ging es bei der Abreise aus Italien so ähnlich.
Vollgepackt und voller Vorfreude hatte ich kurz vor der Autobahn am Wegrand mitten in der Pampa noch schnell den Vergaser geprüft und plötzlich sprang der Motor nicht an.Meine Frau und ich versicherten einander im Nachhinein, dass wir beide die Situation total cool nahmen, allerdings möchte ich meinen Puls bei geöffneter Motoraube nicht mehr wissen :-vh
herzliche Grüße, Armin
http://www.Armin-Pressler.at
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